Das Geld wird knapp: Ärzte investieren kaum noch in ihre Praxen

Die niedergelassenen Ärzte in Deutschland verdienen weniger. Während die Jahresüberschüsse auf gleichem Niveau verharren, steigen die Kosten für Personal und Material. Einer Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zufolge mussten Praxisinhaber zwischen 2009 und 2011 im Durchschnitt 5 Prozent mehr Kosten verbuchen – ein deutlich höherer Anstieg als der der Verbraucherpreise im gleichen Zeitraum (3,2 Prozent).

 

Den Medizinern steht dadurch weniger Geld für Investitionen in ihren Praxen zur Verfügung: Für Abschreibungen sowie Leasing und Mieten von Geräten gaben die Ärzte weniger aus als in den Vorjahren. Von 2009 bis 2011 sanken die Ausgaben dafür um etwa 10 Prozent. Die Betriebskosten steigen drastisch. Demnach lag der durchschnittliche Jahresüberschuss 2011 bei 145.100 Euro je Praxisinhaber. Nach Abzug von Vorsorge- und Versicherungsbeiträgen sowie Einkommenssteuer bleibt davon ein Nettoeinkommen von 71.476 Euro übrig, was einem Stundensatz von 30 Euro entspricht. Die Einnahmen sind dabei von Fachgruppe zu Fachgruppe sehr unterschiedlich: Ein Viertel der Befragten erwirtschaftete weniger als 85.400 Euro, ein Viertel mehr als 181.600 Euro. Zu den Spitzenverdienern zählen etwa die Radiologen, am unteren Ende der Skala liegen Psychotherapeuten und Rehabilitationsmediziner. Die Betriebskosten legten im selben Zeitraum zugleich stärker zu; vor allem für Personal, Material und Labor sowie für Versicherungen, Beiträge und Gebühren mussten Ärzte mehr Geld ausgeben (zwischen 7 und 8,4 Prozent).

 

„Angesichts faktischer Nullrunden überrascht es nicht, dass die Investitionsschwäche in den Praxen im Berichtszeitraum anhielt“, sagt Dominik von Stillfried, Geschäftsführer des Zentralinstituts. Ärzte im Krankenhaus verdienen immer noch mehr als ihre niedergelassenen Kollegen. In dem Bericht wurden Kosten, Einnahmen und Überschüsse von Praxen festgehalten. Die Daten stammen aus 2013 und umfassen die Jahre 2009, 2010 und 2011. Sie enthalten die Angaben von 4.739 Praxen, was einem bundesweiten Anteil von 4,9 Prozent entspricht.

 

Wie bereits angedeutet, unterscheidet sich die wirtschaftliche Lage deutlich je Fachgebiet: Das größte Einnahmen- und Überschussplus verzeichneten die Neurologen (plus 8 bzw. 12 Prozent), ein Minus steht hingegen etwa bei Gynäkologen und Urologen in den Büchern. Grundsätzlich ist das Gefälle zwischen operativ und konservativ tätigen Ärzten groß. Beispielsweise erzielten operierende Augenärzte 2011 einen Jahresüberschuss, der etwa 87 Prozent über dem ihrer rein konservativ arbeitenden Kollegen lag. Und schon Dermatologen, die nur selten operieren, verdienen pro Stunde mehr als doppelt so viel wie ihre konservativ behandelnden Kollegen.

 

Die Steigenden Kosten mindern den Anreiz für junge Mediziner, sich mit einer eigenen Praxis – vorzugsweise in einer ländlichen Region – niederzulassen. Viele ältere Ärzte hingegen gehen in den Ruhestand, oder ins Ausland. Gleichzeitig wünschen sich viele Ärzte flexible Working-Life Modelle und stellen damit bisher gewohnte hierarchische Strukturen in Frage. In Zukunft müssen auch Jungärzte von verschiedenen Fachgebieten und Schwerpunkten der Medizin überzeugt werden, um der Überalterung entgegen zu wirken. Laut der Ärztestatistik der Bundesärztekammer waren im Jahr 2014 gerade einmal 18,3 Prozent von Deutschlands Ärzten jünger als 35 Jahre. (vgl. 1993 mit 26,6 Prozent). Heute liegt das Durchschnittsalter bei Ärzten im Krankenhaus bei etwa 41 Jahren.

 

„Wenn kein Nachwuchs folgt, dauert es nicht lange, bis uns Fach- und Oberärzte und schließlich auch Chefärzte fehlen: In der Klinikhierarchie folgen sie auf die Ärzte. Ohne Chefarzt müssen Kliniken sogar ganze Abteilungen schließen”, warnt David Fickeisen, Leiter des Gesundheitsportals Kliniken.de. Viele Ärzte scheuen die Facharztanerkennung. Vor allem der Fachbereich Psychologie verliert deshalb momentan an qualifizierten Kräften.

 

Quelle: http://www.deutsche-gesundheits-nachrichten.de/2015/05/18/das-geld-wird-knapp-aerzte-investieren-kaum-noch-in-ihre-praxen/